Wie sieht ein blinder Mensch Webseiten und Webanwendungen?

Interview mit unserer blinden Mitarbeiterin Maria Huber

Was machst du genau bei Atos?

„Ich bin im Testing Team für Barrierefreiheit. Wir überprüfen Webseiten und Anwendungen auf die Zugänglichkeit für alle.“

Wie sieht dein Arbeitsplatz aus?

„Ich habe natürlich keinen Bildschirm, sondern ein Braille Display. Das ist eine dynamische Punkt-Schriftanzeige, die den Bildschirm Zeile für Zeile ausgibt. Und zusätzlich nutze ich noch eine Sprachausgabe, die mir synchron zur Punktschriftzeile den Bildschirminhalt vorliest.“

Gibt es Unterschiede in der Nutzung des Computers?

„Ja! Da ich keine Maus nutzen kann, bin ich auf Tastaturbedienung angewiesen. Das muss bei der Programmierung berücksichtigt werden, weil ansonsten blinde und motorisch eingeschränkte Anwender zum Beispiel eine Internetseite nicht nutzen können.“

Wie funktioniert Tastaturbedienung?

„Dabei springt der Nutzer mit der Tab-Taste von auslösbarem Element zu auslösbarem Element (z. B. von Link zu Link). Ich nutze einen Screenreader, der mir zusätzliche Tastenkombinationen für eine schnellere Navigation anbietet. Dadurch wird eine Webseite, aber auch der gesamte Computer für mich in jeder Hinsicht zugänglich.“

Das hört sich gut an, gibt es denn wirklich keine Probleme?

„Die gibt es leider sehr oft. Zum Beispiel gelingt es mir nicht immer, Formulare auf der Webseite meiner Heimatgemeinde auszufüllen, da sie keine interaktiven PDFs sind.

Ein anderes Beispiel sind die Cookies für den Datenschutz. Dabei ist es mir begegnet, dass ich auf einer Seite navigieren konnte, aber alle Links inaktiv waren. Das passiert oftmals, wenn die Abfrage der Cookies nicht so priorisiert wird, dass sie beim Aufrufen der Website wahrgenommen werden. Ich könnte noch viele weitere Beispiele nennen, wie unbeschriftete Schalter, bei denen nicht klar ist, was sie auslösen. Oder auch Links, die keinen sinnvollen Linktext enthalten. „weiterlesen“ oder „mehr dazu“ gehöre zu dieser Kategorie.“

Fließen diese Erfahrungen in den Arbeitsalltag ein?

„Ja, selbstverständlich. Meine persönlichen Erfahrungen, die ich teilweise auch aus meiner ehrenamtlichen Arbeit im Blinden- und Sehbehindertenverein gewinne, sind für eine definitive Beurteilung von Webseiten bzw. Anwendungen sehr hilfreich. Für meine KollegInnen ist es immer wieder wichtig, mit mir als Nutzerin von assistiven Technologien, Webseiten und Anwendungen zu prüfen. Unzugänglichkeiten werden hier unmittelbar gefunden.“

Was heißt das konkret?

„Die Fehler, die wir finden, beschreiben wir und versuchen auch Handlungsempfehlungen für deren Verbesserung zu geben. Letztlich geht es darum, eine Verbindung von Barrierefreiheit und Nutzerfreundlichkeit herzustellen. Darin sehen wir unsere Aufgabe und das schätzen unsere Kunden. Unser Leitmotiv ist und bleibt Zugänglichkeit für alle! “

Mehr Informationen über unser Testteam auf unter Testen der Barrierefreiheit.