Einfach gerechnet: Warum sich Barrierefreiheit für Unternehmen lohnt.

„Das ist nicht unsere Zielgruppe, „das ist viel zu kompliziert und teuer“, „wir sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet“, „was bringt es uns denn, wenn wir das machen?“.

Die kleine Auswahl an Antworten zeigt: Ablehnende Gründe für das Thema Barrierefreiheit sind schnell gefunden und vielfältig. Auf der anderen Seite merken die Fürsprecher zurecht an, dass digitale Barrieren viele Menschen ausschließen. Neben der sozialen Dimension gibt es jedoch auch eine ökonomische, die durchaus für ein barrierefreies Angebot spricht. Oder anders gefragt: Wie „verkaufe“ ich das Thema Barrierefreiheit im Unternehmen oder Projekt.

Junge Frau und junger Mann mit Spaß bei der Büroarbeit.

Beim bloßen Blick auf die Ausgaben stellt sich zunächst die Frage, lohnt sich der Invest in das Thema? Denn eines ist sicher – Barrierefreiheit kostet: Da sind zum einen die personellen Aufwendungen für eigene Mitarbeiter und/oder externe Berater, die sich mit barrierefreien Online-Projekten auskennen. Hinzu kommen Kosten für Trainings, sowie Tools und Tests. Um die Kosten möglichst gering zu halten, plant man das Thema am besten von Beginn an in das Projekt ein. Denn je später man sich damit auseinandersetzt, desto höher können die Kosten werden. Nachträgliche Anpassungen, oder im schlimmsten Fall Neuentwicklungen bestehender Komponenten, werden so schnell zu Kostentreibern in der Umsetzung. Aus ökonomischer Sicht ist daher entscheidend, dass die Höhe der Kosten auch einen Gegenwert, idealerweise höher als der getätigte Einsatz, haben.

Eine Kenngröße, die in diesem Zusammenhang häufig fällt, ist der „Return-on-Investment“, kurz ROI. Das Investment wäre beispielsweise die zusätzliche Ausgabe, um einen Shop barrierefrei anzubieten. Angenommen man würde eine Ausgabe von 3.000 Euro tätigen, so muss man zusätzlich mehr als 3.000 Euro verdienen, um einen positiven ROI zu erzielen. Dies kann sowohl durch direkte Mehreinnahmen als auch indirekte wie Kosteneinsparungen oder Erschließung neuer Märkte und Zielgruppen geschehen. Möchte man für sich nachvollziehbare und konkret messbare Ziele definieren, ist es wichtig die richtigen Kennzahlen zu nutzen. Bei der Vielzahl der Anwendungen kann es von Projekt zu Projekt unterschiedliche Rahmenparameter geben. Eine oft verwendete Kennzahl ist der „Customer-Lifetime-Value“, kurz CLV. Dieser gibt vereinfacht gesagt an, wieviel Umsatz mit einem Kunden, über die gesamte Zeit seiner Interaktion mit der Firma oder der Dienstleistung, gemacht werden kann.

Machen wir es zur Veranschaulichung an einem Beispiel fest: Nehmen wir an, dass wir einen Webshop haben. Die Kunden haben einen durchschnittlichen Customer-Lifetime-Value von 300,00 Euro. Damit der Webshop barrierefrei ist, müssen 3.000,00 Euro investiert werden. Um einen positiven ROI zu haben, sollten die Maßnahmen mindestens 11 neue Kunden bringen. Mit den 11 neuen Kunden entstehen durchschnittlich Mehreinnahmen von 3.300,00 Euro. Damit hätte sich das Investment auch finanziell gelohnt. Dies zu messen und auch genau auf die Maßnahmen zu mappen ist in der Realität nicht immer so einfach. Man bekommt jedoch so auf recht einfachem Wege ein Gefühl dafür, wann sich die Investition „gelohnt“ hat.

Was können allgemein Zugewinne sein?

Einer der wichtigsten Zugewinne ist die erweiterte Zielgruppe, die mit einem barrierefreien Angebot angesprochen und erreicht werden kann. In Deutschland leben ca. 81 Millionen Menschen, jeder achte davon hat eine Einschränkung. Wahrscheinlich sind es sogar noch mehr, denn nicht alle haben ihre Einschränkung auch angegeben. Hinzu kommt, dass mit dem demografischen Wandel die Bevölkerung zunehmend älter wird und damit die Anzahl der Einschränkungen zunimmt.

Oftmals ist ein barrierefreies Angebot oder eine barrierefreie Dienstleistung zudem auch ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber Mitbewerbern mit entsprechenden Möglichkeiten zur Vermarktung.

Ein weiterer Zugewinn kann die Erhöhung des CLV der bestehenden Kunden sein. Denn auch sie profitieren von den Optimierungen und verbringen nun mehr Zeit im Shop, was sich in der Regel auch in entsprechenden Mehrverkäufen wiederspiegelt.

Neben den wirtschaftlichen Vorteilen gibt es zudem gesetzliche Vorgaben, die sich ebenfalls monetär niederschlagen können.

In Deutschland gibt es einige positive Entwicklungen, wie beispielsweise den European Accessibility Act. Dieser nimmt die Privatwirtschaft verstärkt in die Pflicht barrierefreie Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Webshop, um bei unserem Beispiel zu bleiben, abgemahnt wird. Wie hoch fallen dann gegebenenfalls die Strafen aus? Übersteigen diese die Ausgaben für einen barrierefreien Shop, hätte sich das Investment ebenfalls gelohnt.

Barrierefreie Angebote sind immer auch ein Investment in die Zukunft. Auch wenn die Aufwendungen initial höher sind, rentieren sie sich oftmals innerhalb kürzester Zeit. Höhere Umsätze als Ergebnis einer intuitiveren Nutzung, der Erschließung neuer Käufergruppen und einer positiven Abhebung vom Wettbewerb, tragen hierzu bei. Sicher ist: der Bedarf an barrierefreien Angeboten wird in den kommenden Jahren mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben und die demografische Bevölkerungsentwicklung noch steigen.

Weiterführende Informationen zu dem Thema sowie auch ein paar Beispiele aus der Praxis finden sich unter folgenden Links: