PDF/UA-Studie Deutschland 2018

Monitoring zum Stand der PDF-Barrierefreiheit auf den Internetseiten der deutschen Bundesministerien.


Monitoring der Barrierefreiheit gehört bald zur Pflicht

Nach der Deadline ist vor der Deadline. Nachdem Ende Mai der Stresspegel wegen der DSGVO-Deadline hoffentlich wieder abgesunken ist, lauert 4 Monate später eine weitere Deadline: am 23.09.2018 muss die EU-Richtlinie 2102 in nationales Recht umgesetzt sein: Alle ab diesem Zeitpunkt neu erstellten Websites und Dokumente der öffentlichen Hand müssen bis zum 23.09.2019 barrierefrei sein. PDF-Dokumente zählen auch dazu. Außerdem ist ein regelmäßiges Monitoring vorgeschrieben, das den jeweiligen Stand der Barrierefreiheit erfasst.

Bereits im 3. Jahr wird ein Monitoring der PDF-Barrierefreiheit auf den Internetseiten der deutschen Bundesministerien durchgeführt

Wenn es um Monitoring von PDF-Barrierefreiheit geht, dann müssen als erstes die PDF/UA-Studien genannt werden, die seit 2016 regelmäßig für Deutschland und Österreich von axes4 in Zusammenarbeit mit der PDF Association bzw. mit accessible media durchgeführt werden und den Stand der PDF-Barrierefreiheit auf den Internetseiten der deutschen Bundesministerien untersuchen. Die Ergebnisse werden jeweils auf den PDF Days Europe (für Deutschland) oder auf dem A-Tag Wien (für Österreich) vorgestellt.

Die automatische PDF/UA-Prüfung aus PAC als Grundlage

Basis der Studien bildet das Erfassen aller in einem bestimmten Zeitraum veröffentlichten PDF-Dokumente und das Prüfen der Barrierefreiheit gemäß aller maschinenprüfbaren Anforderungen des DIN-/ISO-Standards PDF/UA. Man muss sich das so vorstellen, dass mit Hilfe eines Crawlers alle im Rahmen eines Jahres neu hinzugekommenen PDF-Dokumente heruntergeladen und automatisiert durch eine Art PDF Accessibility Checker (PAC) geschickt werden. Der PDF Accessibility Checker ist ein kostenloses Prüftool der Stiftung Zugang für alle, das weltweit eingesetzt wird und als Vorgänger-Version in den WCAG Begleitdokumenten als Beispiel aufgelistet war. Es ist quasi das Standard-Prüfwerkzeug für PDF-Barrierefreiheit.

PDF/UA-Index ermöglicht Vergleiche

Aus den Prüfergebnissen pro Dokument wird über einen Algorithmus der PDF/UA-Index pro Dokument berechnet. Der PDF/UA-Index ist ein in Zahlen ausgedrückter PAC-Prüfbericht gewichtet nach Schwere der Barriere im Hinblick auf Prinzipien der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2. Der Durchschnitt aller Dokumente eines Ministeriums ergibt den PDF/UA-Index eines Ministeriums. Nimmt man die Indices aller Ministerien zusammen und berechnet man daraus den Durchschnitt, dann erhält man den PDF/UA-Index aller Ministerien. Dieser Wert macht deutlich, ob sich die Gesamtsituation verbessert oder verschlechtert hat. Ein PDF/UA-Index von 100 entspricht einem PDF/UA-Check in PAC mit lauter grünen Haken: alle maschinenprüfbaren Anforderungen sind erfüllt. Findet der Check Fehler, so werden je nachdem ob es sich um eine Einschränkung, eine Hürde oder eine komplette Barriere handelt, Punkte abgezogen. Weist ein PDF beispielsweise überhaupt keine Tags auf, so führt dies mindestens zu einem Abzug von 15 Punkten. 85 ist damit bereits als ein sehr schlechter Wert einzuschätzen.

Ergebnisse der PDF/UA-Studie Deutschland 2018

PDFUA-Studie Zusammenfassung

Die 3. Ausgabe der PDF/UA-Studie Deutschland, die Dokumente aus dem Zeitraum 01.04.2017 bis 31.03.2018 auswertet, hat folgende Ergebnisse gebracht:

  • Anzahl der analysierten Dokumente: 

    Analysiert wurden insgesamt 2.668 PDF-Dokumente. Die Anzahl der Dokumente ist damit im Vergleich zur Vorjahresstudie leicht rückläufig.
  • Prozentsatz der PDF-Dokumente mit Tags: 

    59,8% dieser Dokumente weisen Tags auf. Das ist noch kein Qualitätsmerkmal. Im Umkehrschluss lässt sich jedoch sagen, dass 40,2% der Dokumente auf gar keinen Fall als barrierefrei bezeichnet werden können.
  • Durchschnittlicher PDF/UA-Index über alle Ministerien:
    Der Durchschnitt aller Ministerien ergibt einen PDF/UA-Index von 81,3. Damit hat sich der Zustand der PDF-Barrierefreiheit im Vergleich zum Vorjahr (PDF/UA-Index 74,7) leicht verbessert. Die Verbesserung geht jedoch auf das Engagement einiger weniger Ministerien zurück. Dies sieht man, wenn man den PDF/UA-Index der einzelnen Ministerien vergleicht. Das Bundesministerium für Umwelt und Reaktorschutz (BMU) ragt hier besonders heraus. Es ist das erste Ministerium, das über haupt einen durchschnittlichen PDF/UA-Index von über 95 erreicht. An zweiter Stelle liegt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einem PDF/UA-Index von 93,2, dritter, aber bereits mit einem großen Abstand, ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) mit 85,8.
  • Anzahl der PDF/UA-100-Dokumente: 

    Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist die Anzahl der PDF/UA-100-Dokumente. 2018 erzielten 271 Dokumente diesen Maximalwert für den PDF/UA-Index. Dies bedeutet, dass rund 11% der gesamten Dokumente PDF/UA-100-Dokumente sind. Auch hier zeigt sich das gleiche Bild: der Zuwachs geht auf einige wenige Ministerien zurück: auf die 3 Ministerien BMU, BMBF und BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) fallen 83% der PDF/UA-100-Dokumente.

PDFUA-Studie Index pro Ministerium

Engagement für Barrierefreiheit wahrnehmbar machen

Die PDF/UA-Studie und besonders der PDF/UA-Index macht Engagement und Fortschritte einerseits, Untätigkeit und Stagnation andererseits sehr gut sichtbar. Als besonders enttäuschend müssen die Ergebnisse von 2 Ministerien hervorgehoben werden, denen man eine besondere Vorbildrolle im Bereich digitaler Barrierefreiheit zuschreiben würde: das sind das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Letzteres hat sich sogar über die Jahre verschlechtert.

Fazit und Ausblick

Der PDF/UA-Index hat sich als Qualitätskriterium fürs Monitoring der PDF-Barrierefreiheit im Laufe der letzten 3 Jahre, in denen die PDF/UA-Studie durchgeführt wurde, bewährt. Stichproben haben gezeigt, dass es einen eindeutigen Zusammenhang gibt zwischen einem PDF/UA-Index von 100 und qualitativ hochwertigen barrierefreien PDF-Dokumenten (beispielsweise reiche Semantik, gute Ergebnisse bei der erforderlichen Sichtprüfung, ohne die eine letztgültige Barrierefreiheit eines Dokumentes nicht festgestellt werden kann). Die Ergebnisse zeigen auch, dass es manchen Ministerien gelungen ist, Workflows zum Erstellen barrierefreier PDF-Dokumente zu etablieren, mit denen sich ein hoher PDF/UA-Index erreichen lässt. Eine spannende Frage bleibt: Wie wird sich die EU-Richtlinie auf die Ergebnisse der PDF/UA-Studie 2019 auswirken? Wird es gelingen, noch mehr Ministerien zu einem Engagement im Bereich PDF-Barrierefreiheit zu bewegen? Nach der Deadline ist vor der Deadline.

Weitere Ergebnisse in den Vortragsfolien vom PDF Accessibility Best Practice-Tag 2018

In den Vortragsfolien vom PDF Accessibility Best Practice-Tag 2018, der am 16.05. in Berlin im Rahmen der Post-Conference zu den PDF Days Europe stattgefunden hat, finden sich weitere Ergebnisse zur Studie PDF/UA Deutschland 2018.

Nachtrag vom 18.05.2018

Wir hatten oben ursprünglich geschrieben, PAC sei vom W3C empfohlen, vielen Dank an Kerstin und Shadi für eure Hinweise, dass sich dies auf die Vorgängerversion bezogen hat. Dies war uns entgangen und dementsprechend haben wir das geändert. Grundsätzlich empfiehlt das W3C auch keine Software. Besser wäre die Formulierung: „in den WCAG Begleitdokumenten als Beispiel aufgelistet“.